Nicht für die Bauern, lieber gegen Rechts

Wie Lifestyle-Linke sich für die Ziele der Regierung vor den Karren spannen lassen

Dieser Tage finden deutschlandweit Demonstrationen unter dem Motto „gegen Rechts“ oder „für ein AfD-Verbot“ statt. Wer hier den aufrichtigen antifaschistischen Kampf sucht, wird aber nicht fündig. Stattdessen wird er Zeuge einer von der Regierung orchestrierten Kampagne gegen die AfD, die zwei Ziele hat: die Partei vor den diesjährigen Europa- und Landtagswahlen zu diskreditieren und von den derzeit immer noch laufenden Bauernprotesten abzulenken. Regierungspolitiker werben für diese Veranstaltungen, als sei die AfD in diesem Land die größte Gefahr für die Demokratie - und nicht etwa der Kapitalismus, der Lobbyismus oder auch die stetige Schmälerung der Meinungsfreiheit und die Spaltung der Gesellschaft.

Ursprung der „Bewegung“ war ein Artikel von Correctiv, auf den Gert Ewen Ungar in einem Text bereits ausführlich eingegangen ist, auf den ich an dieser Stelle gern verweisen möchte, um nicht erneut das Thema behandeln zu müssen. Denn darum geht es hier nicht. Auch auf die anschließende Unterschriftenkampagne von Campact, die dem Thüringer AfD Landeschef Björn Höcke die Grundrechte entziehen möchte, will ich mich nicht nochmal detailliert stürzen. Ich werde an dieser Stelle dazu nur sagen, dass ich sie zu radikal finde und dass eine solche Forderung, sollte sie umgesetzt werden, Türen öffnet, die ich als sehr beängstigend empfinde. Der Entzug von Grundrechten ist ein extrem weitreichender Schritt, hinter dem man als Demokrat kaum stehen kann.

Überhaupt ist der neue vermeintliche Kampf gegen Rechts vor allem denen dienlich, denen die wachsende Sorge über Wahlprognosen der AfD förmlich ins Gesicht geschrieben steht: den Mitgliedern der Regierungsparteien. Die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg drohen zum Fiasko zu werden. Hier hat die AfD besonders starke Umfragewerte – warum das so ist? Vermutlich, weil die Menschen auf dem Boden der ehemaligen DDR häufig kritischer gegenüber und in höherem Maße unzufrieden mit dem Handeln der Regierung sind. Das hat sowohl politische, als auch wirtschaftliche Gründe. In jedem Fall fühlen sich viele nach Corona, Ukraine-Krieg, Inflation, explodierenden Lebenshaltungskosten und der massiv angestiegenen illegalen Zuwanderung von den Altparteien nicht mehr repräsentiert und suchen nach einer Alternative an der Wahlurne, die sie in der AfD vermuten. Dass eine populistische Partei, die sich in jeder neuen politischen Situation mit genau den Parolen präsentiert, die den Kritikern des Regierungskurses gefallen, keine wahre Alternative ist, das steht auf einem anderen Blatt geschrieben.

Ein vernünftiger Politiker sollte sich in der aktuellen Situation jedenfalls denken: „Warum sind diese Menschen so unzufrieden? Was kann ich als Repräsentant des Volkes dagegen tun? Muss ich womöglich meinen Kurs ändern, weil ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung mit meiner Politik überhaupt nicht einverstanden ist?“
Natürlich wird das aber nicht getan. Stattdessen reagiert man in Berlin auf diese Gegebenheiten wie die sprichwörtliche Axt im Walde: Es wird versucht, den vermeintlichen politischen Gegner zu diskreditieren oder gar zu verbieten. Dass Letzteres mit Demokratie wenig zu tun hat, scheint dabei niemanden zu stören. Überhaupt ist „Demokratie“ mittlerweile nicht mehr als ein hohler Kampfbegriff, mit dem man Kritiker und Andersdenkende bekämpfen kann, indem man sie als Feinde derselbigen labelt.

Neben der Schmutzkampagne gegen die größte Oppositionspartei hat der aktuelle „Protest“ aber noch ein weiteres Ziel: er ist eine willkommene Ablenkung von den rechtmäßigen Demonstrationen der Bauern und Unternehmer. Neben dem Höfesterben, das vor allem kleine landwirtschaftliche Familienbetriebe betrifft, hat auch der Mittelstand in den letzten Jahren stark gelitten. Lockdowns während der Corona Jahre und die explodierten Energiekosten, die auf den Ukraine-Krieg zurückgeführt werden, haben kleinen und mittleren Unternehmen vielerorts schweren Schaden zugefügt. Profitiert haben wie üblich große Konzerne, deren Marktstellung sich weiter monopolisiert.
Dass Menschen, die durch die wirtschaftliche Situation, die sich dank der Entscheidungen der Ampelkoalition zunehmend verschlechtert, benachteiligt werden und mit ihrer Kritik auf die Straßen drängen – was ein natürliches Recht in einer Demokratie ist – ist nicht verwunderlich und im Gegenteil, sogar löblich.
So kann ein demokratisches Geschehen und ein Diskurs zwischen Volk und Volksvertretern lebhaft gestaltet und gehalten werden.

Für die Regierungspolitiker, die sich immer weiter im sinnbildlichen Elfenbeinturm verschanzen, ist dieser Protest aber sehr unangenehm und muss unbedingt medial klein gehalten, politisch diskreditiert und im Keim erstickt werden. Niemand möchte doch mit unzufriedenen Bürgern auf den Straßen deutscher Großstädte und auf den Titelseiten großer Zeitungen konfrontiert werden, die das Scheitern einer von Anfang an fehlgeleiteten Politik sichtbar machen.
Viel schöner ist es stattdessen, große Mengen an Menschen für ein „gutes“ und politisch gewolltes Ziel auf die Straße zu bringen: den ewigen und unerschütterlichen Kampf gegen Rechts!
Was mittlerweile alles als „rechts“ definiert wird und wieviel Sinn diese modernen Definitionen machen in einer Zeit, in der das Wort „Nazi“ inflationär gebraucht und beinahe schon auf jeden Regierungskritiker angewendet wird, darüber kann und sollte man unbedingt mal streiten. Aber nicht hier und nicht jetzt.

Hier geht es um die Menschen, denen die aktuelle Bewegung äußerst gelegen kommt, weil sie sich in gewohnter Manier und ausufernder Selbstgerechtigkeit permanent profilieren müssen um sicherzustellen, dass sie zu jeder Zeit und in jeder Situation die Guten sind. Die Lifestyle-linken Tagesschau Fans, die ihr Gewissen mit veganer Ernährung, Bike Commuting und nachhaltig produzierter Bekleidung beruhigen, fühlen sich vom viel beschworenen Kampf gegen Rechts besonders angesprochen. Während nicht wenige von ihnen vor zwei Jahren vermutlich gern noch den ungeimpften Nachbar in die Wüste geschickt hätten, wollen sie heute den AfD wählenden Onkel oder den Kollegen, der es wagt die Waffenlieferungen an die Ukraine anzuzweifeln, mit großer Begeisterung ausgrenzen, als „rechts“ oder „rechtsextrem“ brandmarken und gesellschaftlich  ruinieren. Denn das ist neben Gendern, Klimaschutz und Transrechten eines der wichtigsten Anliegen um unsere vermeintliche Demokratie zu retten.
Mal ehrlich, wer braucht schon Frieden, Abrüstung, soziale Gerechtigkeit und den Kampf gegen den Kapitalismus? Das ist doch alles politischer Schnee von gestern.

Wenn ein Mensch mit urlinkem Gedankengut also auf diese von der Regierung beworbenen Demonstrationen schaut, sollte ihm unweigerlich folgender Gedanke kommen: „Kann ich das unterstützen?“
Die klare Antwort ist nein.
Und ich möchte sie gern aus meiner persönlichen Perspektive begründen. Zunächst einmal macht sich ein Linker nicht mit den Anliegen des Establishments gemein. Das Establishment in einem kapitalistischen System ist und bleibt immer der Gegner. Politiker, die mit großem Eifer in die eigene Tasche wirtschaften, an sozialen Anliegen im Staat sparen, die Bevölkerung mittels Propaganda und Ideologie für Krieg und den eigenen Ruin indoktrinieren (Wem kommt da nicht König Théoden in den Sinn, der seine Eorlingas mit „Reitet zur Vernichtung und zum Ende der Welt! TOD!“ auf den bevorstehenden Endkampf einschwört? Aber der hatte wenigstens ein vertretbares Ziel.), ständige Diener des Lobbyismus sind und sich für die Konflikte einer Großmacht einspannen lassen und diese mit enormen finanziellen Mitteln unterstützen, auch wenn das Tod und Vertreibung bedeutet, SIND der Feind.

Daran gibt es nichts, aber auch gar nichts zu rütteln.

Weiterhin ist das Bestreben eine legitim gewählte Partei, auch wenn sie einem nicht gefallen mag, zu verbieten um ihren politischen Siegeszug zu beenden, in hohem Maße undemokratisch. Wollten wir Linken nicht immer mehr Demokratie anstatt weniger? Jetzt jedenfalls begibt sich dieser Staat auf einen Weg, den wir nur entfernt aus Ländern wie der Ukraine kennen, in denen Oppositionsparteien gänzlich verboten und politische Gegner verfolgt und eingesperrt werden, damit die Regierung ihren tödlichen Kurs unbehelligt fortsetzen kann.
Währenddessen stehen Kids, die sich für antifaschistisch und links halten, mit Holocaust-verharmlosenden Plakaten gegen die AfD auf der Straße und haben im Übrigen gegen den Genozid an den Palästinensern in der Regel überhaupt nichts einzuwenden, weil ihnen von Eltern, Lehrern und Medien beigebracht wurde, dass Israel und Judentum praktisch das Gleiche sind und wir Deutschen historisch betrachtet eine ewige Schuld gegenüber beidem haben.
Wo soll das noch hinführen?

Der Weg eine populistische Partei wie die AfD in die politische Bedeutungslosigkeit zu führen – was doch das erklärte Ziel von den vermeintlichen Linken ist? - kann nur über einen legitimen Weg geschehen. Nämlich, indem Altparteien oder neue Parteien wie das "Bündnis Sahra Wagenknecht" endlich die Politik machen, die der gemeine Bürger sich wünscht und die er auch braucht. Eine Politik, die den Bedürfnissen der Bevölkerung zugute kommt, anstatt gegen sie zu wirken.
Eine Politik, die nicht von Lobbyismus, den Anliegen großer Konzerne oder anderer Staaten geleitet wird, sondern von aufrichtigen Volksvertretern, die ihren Job ernst nehmen, mit ganzem Herzen dahinter stehen und ihre Seele nicht für dreißig Silberlinge verkaufen.
Eine Politik, die Demokratie, Diskurs und Meinungsvielfalt fördert, anstatt unliebsame Meinungen im Keim ersticken zu wollen und die Gesellschaft zu spalten.
Eine Politik, die nicht versucht ihre eigenen Ziele mittels Propaganda in die Bevölkerung zu tragen um ihre Entscheidungen zu rechtfertigen, sondern die tatsächlichen Anliegen der Menschen vertritt.

Solange diese Politik nicht existiert, kann ich persönlich für nichts, was dieser Staat tut, eintreten. Ich kann auch nicht für seine Absichten auf die Straße gehen.
Kein aufrichtiger Linker und auch sonst kein ehrlicher Demokrat kann das mit seinem Gewissen vereinbaren.

Stattdessen werde ich für die Sorgen und Bedürfnisse meiner Mitmenschen eintreten, die die politische Entwicklung in diesem Land mit der gleichen wachsenden Sorge betrachten wie ich. An ihrer Seite werde ich stehen, meine Kritik an den „Repräsentanten“ des Volkes lautstark äußern und das tun, was ein Linker eben tun sollte: ein verlogenes und moralisch verkommenes Establishment anprangern. Stets auf der Seite der Unterdrückten stehen, statt auf der der Unterdrücker.
Ein aufrichtiger Proletarier sein, der mit anderen aufrichtigen Proletariern für soziale Gerechtigkeit kämpft.
Denn eins dürfen wir nie vergessen… Die Grenzen verlaufen nicht zwischen den Völkern. Sie verlaufen noch nicht einmal zwischen Menschen mit unterschiedlichen politischen Ansichten. Die Grenzen verlaufen zwischen Oben und Unten.

von NIKITA