Der Sturz Salvador Allendes
Für viele mag der 11. September ausschließlich der Jahrestag des Attentats auf das World Trade Center sein. Für Sozialisten und Kommunisten hingegen ist es ebenfalls der Tag, an dem ein demokratisch gewählter sozialistischer Präsident mithilfe eines Militärputsches gewaltsam seines Amtes enthoben wurde, was seinen Tod zur Folge hatte und den Beginn einer Diktatur markierte.
Wir schreiben das Jahr 1970 in Chile: Salvador Allende, ein studierter Arzt und hingebungsvoller Politiker, wird mithilfe einer Koalition aus Linken und Christdemokraten zum Präsidenten gewählt. Er hat große Pläne für das arme Land und bemüht sich um die Nähe zur sorgengeplagten Bevölkerung. Und die Ausgangslage ist fatal. Chile leidet an Hunger und die Kindersterblichkeit liegt bei 30 Prozent, frühere Reformen brachten keine echten Verbesserungen. Die Lösung für die Nöte der Menschen sieht Allende daher im Aufbau eines sozialistischen Systems. Mit der Verstaatlichung von Teilen der Industrie will er neue Arbeitsplätze schaffen, medizinische Versorgung und Bildung sollen für alle kostenlos sein und der Besitz von Land soll staatlich neu geregelt werden. Er hält seine Wahlversprechen, kann aber eine weitere Wirtschaftskrise nicht verhindern – und er hat mächtige Feinde.
Denn Salvador Allende ist bekennender Marxist und Mitbegründer der sozialistischen Partei. Das Erstarken der linken Politik in Chile ruft schon in den späten 50er Jahren den Erzfeind des Kommunismus auf den Plan. Nach der 1961 gelungenen Revolution in Kuba sind die USA endgültig alarmiert: Nicht noch ein mittelamerikanisches Land darf zum Verbündeten der kommunistischen Sowjetunion werden. Washington beginnt, Allendes politische Gegner finanziell und ideologisch zu unterstützen und lässt ebenfalls Geld in den Wahlkampf 1970 fließen, um seinen Sieg zu verhindern. Als das nicht funktioniert, greift die CIA zu härteren Maßnahmen und plant eine Geheimoperation, die eine Machtübernahme durch das Militär provozieren soll. Auch diese schlägt fehl.
Aber die Einmischung der Amerikaner hat nicht nur geopolitische, sondern auch wirtschaftliche Gründe. Die zuvor in US-Privatbesitz befindlichen Kupferbergwerke sind Teil von Allendes Reformplänen und werden verstaatlicht. Und so fließen nicht nur Gelder der US-Regierung, sondern auch große Summen von multinationalen Unternehmen in den Versuch den im Aufbau befindlichen chilenischen Sozialismus zu zerstören.
Schließlich kommt es am 11. September 1973 zum Staatsstreich, als das eigene Militär seine Waffen gegen den Präsidenten erhebt. Teile der Streitkräfte besetzen die Hauptstadt Santiago und Valparaíso, den Sitz des Kongresses. Salvador Allende verschanzt sich im Präsidentenpalast und lehnte ein Angebot seiner Gegner sich ins Exil zu begeben ab. Die Luftwaffe bombardiert daraufhin das Gebäude. Infolgedessen soll Salvador Allende sich das Leben genommen haben.
Was auf den Putsch folgt, ist eine 17-jährige Diktatur unter dem Autokraten Augusto Pinochet, der das Land mit Terror regiert und tausende Tote und eine enorme Zahl an Menschenrechtsverletzungen sein Vermächtnis nennt. An den Beginn dieser schrecklichen Epoche erinnern die Chilenen jedes Jahr am 11. September mit einem Gedenkmarsch – aber auch an Salvador Allende und seine Vision eine gerechtere Welt zu errichten.
von NIKITA