Ein Jahr „feministische Außenpolitik“

Bilanz der baerbockschen Heuchelei

Vor etwas mehr als einem Jahr, am 01. März 2023, stellte die diplomatische Abrissbirne Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) ihre neuste glorreiche Idee vor. Die Leitlinien zur „Feministischen Außenpolitik“. In der Auftaktrede beklagte die vielfliegende Ministerin, dass die Versorgung mit Hygieneartikeln in vielen Hotels schlechter sei „als in den Flüchtlingscamps, weil man das da offensichtlich nicht mitdenkt“. Es sollte laut ihr mehr mitgedacht und hingeguckt werden. Deswegen blockierte das Außenministerium humanitäre Unterstützung für Afghanistan und begründete dies mit mangelnden Frauenrechten. Weil die Taliban ein Beschäftigungsverbot für Frauen verhängt hatten, ließ die Bundesregierung diese Frauen und ihre Kinder hungern. Ein feministisches Lehrmodell, wie Baerbock fand, „weil andere auch hinschauen. Huthis (laut ihr Husis) zum Beispiel.“

Doch die „Huthis“, gemeint sind die jemenitischen Ansar Allah, hatten offensichtlich ein völlig anderes Verständnis von Menschenrechten entwickelt. Denn sie schauten auch hin, als die israelische Armee einen Völkermord in Gaza begann, dem inzwischen mehr als 30.000 Menschen zum Opfer gefallen sind – 70 Prozent davon Frauen und Kinder. Die Ansar Allah wollten durch den Beschuss von Schiffen im Roten Meer einen Waffenstillstand erzwingen. Als Dank für so viel Aufmerksamkeit kreuzt nun die deutsche Fregatte "Hessen" vor Jemens Küste, während andere westliche Streitkräfte das Land bombardieren. 

Die Außenministerin, die bei der Leitlinien-Vorstellung für die ,,Feministische Außenpolitik" noch getönt hatte, „wenn Frauen nicht sicher sind, dann ist niemand sicher“, wurde Ende November mit der Forderung nach einem Waffenstillstand in Gaza konfrontiert. Sie lehnte ab: „Ich verstehe total den Impuls in dieser furchtbaren Situation, wo unschuldige Kinder, Menschen, Frauen, Mütter, Familien nicht nur so furchtbar leiden, sondern ums Leben kommen“, sagte sie bei einem EU-Außenministertreffen, doch Impulse würden nicht ausreichen. Die gnadenlose Unterstützung Israels durch die Bundesregierung besorgte die Restentleerung der „feministischen“ Floskeln.

Absurd war der Ansatz schon vorher gewesen. Mit großem Eifer befeuerte das Außenministerium den Stellvertreterkrieg in der Ukraine, während die eigenen Leitlinien für „Rüstungskontrolle und Abrüstung“ sowie „menschliche Sicherheit und Schutz der Zivilbevölkerung“ warben. Den Widerspruch ahnend, erklärte Baerbock dann in der ARD: „In einer Welt, wo alle in Frieden leben, heißt feministische Außenpolitik auch, in Abrüstung zu investieren.“ Solange aber „diese Waffen im Umlauf sind und insbesondere jemand diese Waffen nutzt“, würden „feministische“ Außenpolitiker eben auch Waffen liefern. Immerhin sollte das den Leitlinien folgend „gendersensibel“ passieren. Zum Beispiel durch die Untersuchung der „geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Waffensystemen, insbesondere Atomwaffen“, weil Frauen ein höheres Risiko hätten, „durch die radiologische Strahlung einer atomaren Detonation an Krebs zu erkranken“.

Dass die „feministische Außenpolitik“ nach einem Jahr an öffentlicher Präsenz verloren hat, liegt nicht nur an dem offensichtlichen Schwachsinn, sondern auch daran, dass der militaristische Staatsumbau propagandistisch vorangeschritten ist. Die Debatte um den Bundeswehreinsatz im Roten Meer hat gezeigt, dass wieder ganz offen von „deutschen Interessen“ gesprochen werden kann. Der vermeintliche Kampf gegen „Antisemitismus“ und für „Demokratie“ verschafft der Regierung eine Atempause an der Heimatfront. Sara Nanni und die Rest-Grünen können sich also entspannen – an den Eurofighter-Kampfjets für Saudi-Arabien scheitern sie vorerst nicht.

Nicht allein die Gallionsfigur Baerbock personifiziert den Irrsinn der ,,Feministischen Außenpolitik. Auch Marie
Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Sara Nanni (
Sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag) schlagen in die selbe Kerbe, denn wie es sich für Frau Nanni gehört, ist sie eine Hardlinerin. Selbstverständlich forderte auch sie die Lieferung von „Taurus“-Marschflugkörpern und warb mit größter Selbstverständlichkeit für den Kriegseinsatz der Bundeswehr im Roten Meer. Dabei zeigte sie sich sogar ein wenig von ihrer herzlichen Seite. „Wir denken an Sie“, gab sie den ausgesandten Soldaten mit auf den Weg. Wie sehr sich die Mannschaft der Fregatte „Hessen“ über die Kalenderspruchrhetorik aus Berlin freute, ist nicht überliefert. In Sachen Militarismus, so darf man annehmen, ist die Abgeordnete nur schwer zu beeindrucken. Doch auch Frau Nanni erlebt noch Überraschungen.
Eine suchte sie am 07. Januar  heim. Da trat Außenministerin Annalena Baerbock im Jerusalemer King David Hotel vor die Presse und verkündete, dass sie offen für die Lieferung von weiteren Eurofighter-Jets nach Saudi-Arabien sei. Nanni zeigte sich daraufhin „irritiert“. Auch andere grüne Abgeordnete verstanden die Welt nicht mehr. Die Ministerin hätte ihr „Zugeständnis“ mit der Durchsetzung von „Taurus“-Lieferungen verknüpfen müssen, schimpften laut „Spiegel“ einige Fraktionsmitglieder am nächsten Tag.

Die Grünen stützen sich in ihrer Kriegstreiberei auf eine spezialisierte Form des Menschenrechtsimperialismus, den vermeintlichen woken Kampf für Gleichberechtigung und Frauenrechte. Saudi-Arabien passt da aber eigentlich schlecht ins Bild. Das hatte schon der Parteitag der Grünen im Oktober 2022 erkannt und Baerbock für einen anderen Rüstungsdeal mit dem Golfstaat angezählt. Die Außenministerin begründete die Waffenlieferung damals damit, dass es sich um ein sparsames „Gemeinschaftsprojekt“ zur Aufrüstung handele. Ohne die Lieferungen hätte Bundesfamilienministerin Lisa Paus keine Mittel mehr „für die Kinder, die sie dringend brauchen“. Wenig später wurde die damit gemeinte Kindergrundsicherung fast vollständig eingestampft.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das „Triggerwort“ „feministisch“, letztendlich ,mit der verfolgenden Politik, wenig bis gar nichts zutun hat. Das was Baerbock und die Ampel-Regierung mit den Leitlinien anstrebten, ist etwas, „was im 21. Jahrhundert eigentlich selbstverständlich sein sollte – nämlich, dass alle Menschen die gleichen Rechte, Freiheiten und Chancen haben“. Frauen stellten bekanntermaßen in jedem Land die Hälfte der Gesellschaft. Feministische Außenpolitik sei „kein Kampfbegriff“, es sei „eine harte Sicherheitsfrage“. „Wenn Frauen nicht sicher sind, dann ist niemand sicher“, zitierte Baerbock in ihrer Rede eine Ukrainerin, die sie nahe der Kontaktlinie im Osten der Ukraine gesprochen habe, noch vor dem 24. Februar 2022. Der Satz habe sie seitdem begleitet. Wahr sei aber auch, so Baerbock weiter: „Wo Frauen sicher sind, dort sind wir alle sicherer. (…) Wir wissen, dass Friedensverträge stabiler sind, wenn sie von Frauen mitgeschrieben werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Abkommen halten, steigt um 20 Prozent.“
Klingt auf dem Papier ganz nett, doch hat das mit der Realität nicht viel zutun. Zynisch ist, dass sich Baerbock ausdrücklich weigert, diplomatisch für einen Waffenstillstand und eine Friedenslösung in der Ukraine aktiv zu werden. Mit dem nachdrücklichen Ruf nach der Lieferung immer weiterer und immer schwererer Waffen setzt die Grünen-Ministerin wie die militärisch und finanziell zu 100 Prozent vom Westen abhängige Regierung in Kiew auf einen militärischen Sieg über Russland.

Baerbock will im eigenen Haus aufräumen, nicht in der politischen Ausrichtung. Es sollen neue Arbeitsweisen und neue Strukturen entwickelt werden, die helfen sollen, einen „feministischen Reflex“ auszubilden. Der Anteil der Frauen unter den Leitern der 226 deutschen Auslandsvertretungen soll von derzeit 27 Prozent auf mindestens die Hälfte steigen. Begleitdelegationen bei Reisen der Ministerin sollen geschlechterparitätisch zusammengesetzt sein. Im Sommer wird eine „Botschafterin des Auswärtigen Amts für feministische Außenpolitik“ ernannt. Projektmittel sollen bis zum Ende der Legislaturperiode zu 85 Prozent „gendersensibel“ ausgegeben werden und 8 Prozent der Mittel „gendertransformativ“. Doch was hilft all das, wenn die deutsche Botschafterin in Kiew schweigt, wenn dem in Artemowsk (ehemals Bachmut) getöteten Anführer der faschistischen Gruppierung „Rechter Sektor“, Dmitry Kozjubailo, in Anwesenheit tausender Anhänger vom Verteidigungsminister, vom Oberkommandierenden der Armee und von Präsident Wladimir Selensky persönlich die letzte Ehre erwiesen wird?

Feministische Außenpolitik sei „kein Zauberstab, mit dem wir das Unrecht dieser Welt im Handumdrehen wegzaubern könnten“, sagte die Ministerin im Großen Saal ihres Hauses. Und im Vorwort des gut 80 Seiten langen Papiers heißt es gleich eingangs: „Russlands Krieg gegen die Ukraine zeigt, dass im Angesicht brutaler Gewalt Menschenleben auch mit militärischen Mitteln geschützt werden müssen. Deshalb ist feministische Außenpolitik nicht gleichbedeutend mit Pazifismus.“ Waffenlieferungen und Schutz von Frauen werden als zwei Seiten derselben Medaille ausgegeben. Baerbock hat dafür den Begriff des „Realfeminismus“ in Umlauf gebracht. Mit den Streiterinnen des ersten internationalen Frauenfriedenskongresses 1915, die sich für einen sofortigen Waffenstillstand, Vermittlungen und ein Ende der Aufrüstung einsetzten, hat all das nichts zu tun. 

Baerbocks Leitlinien sind die Softpower für einen Imperialismus, der gendersensibel ist, wenn es passt. Diese feministische Außenpolitik macht sich reichlich Gedanken, wo in einem nigerianischen Dorf am besten ein Klo gebaut werden soll, damit Frauen und Mädchen dieses auch in der Nacht sicher erreichen können. Gleichzeitig verteidigt die Grünen-Ministerin knallhart die Fortführung der Wirtschaftssanktionen gegen Syrien, die den Wiederaufbau des Landes blockieren und die Instandsetzung des Abwassernetzes oder die Errichtung neuer Wohnungen inklusive Toiletten für Millionen Menschen massiv verzögern. Es darf daher nicht verwundern, dass die deutsche Außenministerin im globalen Süden nicht wirklich ernst genommen wird.

von ASKL