Ukraine-Fans tagen - Putin macht Angebot
Auf der Konferenz bei Luzern zum Ukraine-Krieg lagen von Anfang an keine großen Hoffnungen. Die Bezeichnung ,,Friedensgipfel“ wurde durch den Ausschluss Russlands zum Etikettenschwindel. Viele der 92 Teilnehmerstaaten kamen nur, weil die Schweizer Gastgeber gegenüber Kiew darauf bestanden, dass über lediglich drei von den zehn Punkten des ,,Friedensplans“ von Wladimir Selensky gesprochen wurde.
Die von der Ukraine betriebene und von der Schweiz ausgetragene Konferenz auf dem Bürgenstock bei Luzern ist am Sonntag mit der Verabschiedung einer Abschlusserklärung zu Ende gegangen. Der ukrainische Außenminister Dmitro Kuleba ließ keinen Zweifel am einseitigen Charakter dieses Dokuments. Es sei vollständig und ausgewogen, die Positionen der Regierung in Kiew seien berücksichtigt und es seien keine alternativen Friedenspläne auf dem Treffen diskutiert worden, obwohl kurz zuvor der russische Präsident Wladimir Wladimirowitsch Putin seinerseits einen Friedensplan vorlegte.
Es scheint, dass das Hauptziel der westlichen Staaten für die Schweizer Ukraine-Konferenz zu sein, die ,,totale Blamage“ zu vermeiden. In Wirklichkeit ging es bei dem Event um anderes. Eigentlich hatten die westlichen Strategien im Sommer vergangenen Jahres vorgesehen, der Ukraine bei ihrer damals angekündigten Offensive zu gewissen militärischen Erfolgen zu verhelfen, um etwaige Verhandlungen aus einer, wie man so sagt, ,,Position der Stärke“ heraus zu führen – damit Russland, wie Kanzler Olaf Scholz formuliert, den Krieg zumindest nicht gewinnt. Nun scheiterte die Offensive bekanntlich. Die Ersatzidee, die jetzt aufkam, bestand darin, in der Schweiz so viele Staaten wie möglich hinter einer Erklärung zu versammeln, die der Ukraine demonstrativ den Rücken stärken. Russland politisch in die Enge zu treiben, das war der Plan, und deshalb wurde Moskau gar nicht erst eingeladen.
Der Plan scheiterte: Die übergroße nichtwestliche Mehrheit der Welt bzw. die internationale Gemeinschaft spielte nicht mit. Solange die sogenannte Friedensformel des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selensky als Konferenzgrundlage galt, die faktisch die totale russische Kapitulation voraussetzt, erklärte sich kaum ein nichtwestlicher Staat bereit, zu der Schweizer Shitshow anzureisen. Das änderte sich erst ein wenig, als Bern anfing, die Ziele drastisch herunterzuschrauben. Jetzt heißt es, man wolle eine Erklärung verabschieden, die sich auf nur wenige Punkte der Selensky-Formel konzentriert, in denen es um die Nahrungsversorgung, die nukleare Sicherheit, einen Gefangenenaustausch geht. Dass all das nötig ist, ist unstrittig: Auch der Zwölfpunkteplan, den China im Februar 2023 präsentierte, sieht derlei vor. Druck auf Russland übt man damit nicht aus. Man kann höchstens einem kompletten Gesichtsverlust ausweichen. Dass die Schweiz mittlerweile darauf dringt, bei der nächsten Ukraine-Konferenz müsse Russland mit am Tisch sitzen, zeigt, dass jenseits des harten NATO-Machtkerns die Ungeduld mit dessen Intransigenz wächst.
Diese Konferenz war von Anfang an ein Fiasko. Bern war von beginn an von der ukrainischen Delegation verärgert. Der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk verkündete, man habe nie eine Delegation aus Moskau dabeihaben wollen. Die Kiewer können vor Kraft kaum laufen. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) kommentierte am Sonntag den 16. Juni 2014: ,,Das macht die Bezeichnung "Friedensgipfel" von Anfang an zur Farce, lässt die Schweiz wie eine PR-süchtige Marionette dastehen“. Hinzu kämen in der Ukraine ,,demokratische Defizite“ und ein ,,Korruptionsproblem“. Das Neonaziproblem blieb bei der NZZ leider unerwähnt. Die Eidgenossen lassen sich nicht so gern vorführen wie die deutsche Unterwürfigkeitskoalition, die beim Selensky-Besuch drei Tage lang Notstand in Berlin inszenierte.
Das mit geklauten 50 Milliarden US-Dollar von den G7 geschmierte Kiewer-Regime folgt dem Diktat aus Washington und Brüssel. Das tat es schon im Frühjahr 2022, als es Verhandlungen mit Russland stoppte. Deren Ergebnisse dokumentierte die New York Times (NYT) am Sonnabend und kam wie Foreign Affairs im April zu dem Schluss, dass ,,die Fragen, die in jedem künftigen Friedensabkommen angegangen werden müssen“, bereits damals ,,im Mittelpunkt der Verhandlungen“ standen und ,,in bemerkenswerter Detailliertheit erörtert wurden“.
Die NYT merkte an, dass Verhandlungen gegenwärtig an den ,,unrealistischen“ Forderungen Kiews scheitern, die NZZ nannte das ,,Kommunikationsverweigerung“. Beim ,,Gipfel“ in Luzern kamen daher die grundlegenden Probleme, die dem Krieg zugrunde liegen, gar nicht erst auf die Tagesordnung. Ob es dabei bleibt, ist offen. Die Unisonoablehnung des Angebots, das Wladimir Wladimirowitsch Putin am Freitag den 14. Juni 2024 gemacht hatte, als ,,Diktatfrieden“ (Zitat Olaf Scholz) durch NATO und Kiewer Führung besagt: Da sollen Spielräume nicht ausgelotet werden. Auf die machte Putins Pressesprecher Dmitry Sergejewitsch Peskow am Sonntag noch einmal aufmerksam.
Der russische Vorschlag für Friedensverhandlungen mit der Ukraine zeigte die Bereitschaft, ohne Verzögerung den Kampf einzustellen und mit Friedensgesprächen zu beginnen, wenn die Ukraine die vier seit 2022 nach Russland eingegliederten Verwaltungsbezirke Lugansk, Donezk, Saporoschje und Kherson abtrete und verzichte der NATO beizutreten. Wenn sie und der Westen das Angebot ablehnten, sei es ihre Sache.
Wladimir Putins Rede, in der er diese Bedingungen nannte, war eindeutig darin, wie weit die geforderten territorialen Zugeständnisse gehen sollten. Er sprach von der vollständigen Räumung der genannten Bezirke, von denen bisher nur das Gebiet Lugansk mehr oder minder vollständig von Russland kontrolliert wird. An anderer Stelle sprach Putin davon, dass die Ukraine die Kontrolle über die Gebiete Saporischje und Kherson behalten könne, wenn sie Russland eine sichere Straße auf die Krim garantiere. Das scheint die Andeutung eines Verhandlungsspielraums zu sein.
Aus strategischer Sicht, ist Putins Vorschlag nicht ideal. Am sinnvollsten wäre es, wenn auch auf die Abtretung der Gebiete Kharkow und Odessa bestanden würde. Besonders das Gebiet Odessa ist von besonderer Bedeutung, da so die Landverbindung zur Pridnistrowisch Moldauischen Republik (PMR) bzw. Pridnistrowje (im Westen besser bekannt als Transnistrien) gegeben wäre. Vielleicht werden diese Gebiete in Zukünftigen Angeboten seitens Russlands berücksichtigt.
Es kann auch sein, dass diese Forderungen im wesentlichen an die im Ukraine-Konflikt neutralen Staaten des globalen Südens gerichtet waren, um Verhandlungsbereitschaft zu signalisieren. Der Vorsitzende der russischen Staatsduma, Wjatscheslaw Wiktorowitsch Wolodin, sagte am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur TASS, einige ukrainische Parlamentsabgeordnete hätten begonnen, über Putins Forderungen zu diskutieren. Wolodin berief sich dabei auf ,,parlamentarische Kanäle“, über die er dies erfahren habe. Ob dies stimmt, ist schwer zu sagen, da für ukrainische Politiker persönlich hochriskant wäre, sich mit solchen Diskussionen zu outen. In der Ukraine sind Gespräche mit Russland per Gesetz verboten. Ein Fakt, der in der westlichen Berichterstattung übrigens immer wieder ausgelassen wird.
Zurück an den Bürgenstock bei Luzern.
Die Abschlusserklärung von Luzern setzt aber immerhin einen neuen Akzent. Sie fordert die Einbeziehung ,,aller Parteien“ in den Friedensprozess. Solche Widersprüche deuten auf Uneinigkeit. Die Teilnahme Moskaus, die Scholz sogar per Bild am Sonntag verlangte, wäre ein Bruch mit der bisherigen Position. Sollte es dazu kommen, hätte sich die Konferenz in der Schweiz doch gelohnt.
Na ja, könnte man meinen, aber die Realität sieht, wie zu erwarten anders aus. Die NATO beschloss, das Hauptquartier ihres geplanten Koordinierungszentrums für die Entsendung von Militärausbildern in die Ukraine im hessischen Wiesbaden einzurichten. Dort betreibt die US-Armee bereits mehrere andere Führungsstellen. Im Vorfeld hatte es nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) internen Streit über die Namensgebung für die neue Einrichtung gegeben. Während etliche NATO-Staaten das Vorhaben eine "Mission" nennen wollten, weigerte sich die Bundesrepublik, dem zuzustimmen. Sie habe vermeiden wollen, dass aus dem Wort "Mission" die Möglichkeit eines Einsatzes von Kampfgruppen abgeleitet werden könne. So habe man sich auf das Wort "Koordinierungszentrum" geeinigt.
Allein das zeigt schon wie sehr der Westen ein Interesse am Frieden in der Ukraine hat.
von ASKL