Angriff auf Verbündeten

Israels „vergessener“ Überfall auf die USS Liberty

Es existieren nicht wenige Ereignisse, welche die USA vom öffentlichen Bewusstsein fernhalten will, obwohl sie so eindrucksvoll die wahren Verhältnisse in der Welt demonstrieren. An dem hohen Grad, in dem das gelingt, kann man die Effizienz der US-Medien, der mit Abstand stärksten Propagandamaschine der Welt, ablesen. Eines dieser Ereignisse ist der kombinierte Angriff der israelischen Luftstreitkräfte und der israelischen Marine auf ein Schiff der US-Navy während des „Sechstagekriegs“ am 08. Juni 1967. Die USA hatten sich in diesem Krieg offiziell nicht auf die Seite Israels geschlagen, sondern waren „neutral“. Beim israelischen Angriff mit Dassault-Kampfflugzeugen wie Mirage III oder Super Mystere (bzw. ihren israelischen Weiterentwicklungen Saàr) und Torpedobooten auf das nur mit Maschinengewehren bewaffnete US-Schiff kamen 34 Besatzungsmitglieder ums Leben, 171 wurden verwundet. Das US-Schiff wurde so schwer beschädigt, dass es ausgemustert und anschließend verschrottet wurde.
Die betroffene „USS Liberty“ – eines der üblichen Spionageschiffe, mit denen die US-Aufklärung die ihr wichtig erscheinenden Ereignisse, Einrichtungen und Personen überwacht – befand sich in internationalen Gewässern rund 50 Kilometer vor der ägyptischen Küste. Es trug weithin sichtbar die US-Flagge und große Identifikationsnummern am Schiffsrumpf. Die umgehende Entschuldigung der israelischen Regierung, es habe sich um einen Irrtum gehandelt, entsprach der üblichen – jetzt auch in Gaza praktizierten – Vorgehensweise: erst morden, dann entschuldigen, ein „Versehen“. Der Wahrheitsgehalt dieser Einlassungen tendiert gewöhnlich gegen null – so auch im Falle des „Liberty“-Beschusses.

Nach dem Sechstagekrieg (05. bis 10. Juni 1967) konnte die Staatsführung Israels einen Geländegewinn von 70.000 Quadratkilometern verbuchen und sowohl die Golanhöhen (Syrien) und die Westbank inklusive Jerusalems (Jordanien) als auch den Gazastreifen und die Sinai-Halbinsel (Ägypten) besetzen. Der Sechstagekrieg war nach der Nakba 1948 die zweite große Expansion des israelischen Staates, die von den Zionisten mit der ihnen eigenen Brutalität durchgeführt wurde. Dabei wollte man keine Zeugen – und sicher niemanden, der die interne Kommunikation Tel Avivs abfangen konnte.

Interessanterweise kam es während des offenen Angriffs auf ein offizielles und aktives Schiff der US-Navy und auch danach zu keinerlei Gegenmaßnahmen. Obwohl Kapitän William McGonagle Hilfe von der 06. US-Flotte anforderte, wurde sie von Vizeadmiral William Martin glatt abgelehnt. Dabei wäre sie mithilfe der Flugzeugträger „USS Saratoga“ oder „USS America“ durchaus möglich gewesen. Fast drei Stunden lang dauerte der Angriff auf die „Liberty“. Sie wurde mit 30 mm-Bordkanonen beschossen, mit Napalmbomben in Brand gesetzt und schließlich von einem der sechs abgefeuerten Torpedos beinahe in zwei Stücke zerrissen. Bis hin zu Präsident Lyndon Johnson und Verteidigungsminister Robert McNamara wurde das „Bündnis“ mit Israel explizit für wichtiger gehalten als die Besatzung eines US-Schiffes.
Laut einem Bericht der Financial Times vom 12. Januar 2004 sagte ein ehemaliges Mitglied des US-Marine-Untersuchungsgerichts unter Eid aus, dass der damalige US-Präsident Lyndon B. Johnson und Verteidigungsminister Robert McNamara eine Geheimhaltung des Vorfalls angeordnet hätten.
Am 02. Oktober 2007 veröffentlichte die Zeitung Chicago Tribune einen Artikel des Pulitzer-Preisträgers John M. Crewdson, der auf kurz zuvor freigegebenen Dokumenten des US-Außenministeriums sowie neuerlichen Zeugenbefragungen basierte. Diese Dokumente, insbesondere Zeugenaussagen zu Funksprüchen der israelischen Piloten, stützen die Aussagen der Überlebenden, dass es sich um einen gezielten Angriff handelte.

Wie unglaubwürdig die Geschichte des „versehentlichen“ Beschusses war, zeigt auch die Reaktion der israelischen Regierung im Nachgang. Im Mai 1968 zahlte sie den USA eine Entschädigung von über drei Millionen US-Dollar – das entspricht knapp 26 Millionen US-Dollar nach heutiger Kaufkraft. Ein Jahr später zahlte Israel weitere 3,5 Millionen US-Dollar an die verwundeten US-Soldaten. Schließlich folgten 1980 noch einmal sechs Millionen US-Dollar.
Ließ sich während der 1960er bis in die 1980er Jahre noch argumentieren, dass die Zionisten als der selbsternannte „Vorposten der (Coca-Cola)Kultur gegen die Barbarei (des Pan-Arabismus)“ (so Theodor Herzl) nicht so übel ins geostrategische Konzept Washingtons passten, so wurde dieses Bündnis im letzten Jahrzehnt für den Hegemon dramatisch kontraproduktiv. Die Welt hat sich radikal verändert – selbst engste Verbündete wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten wenden sich ab. Wenn nun die Türkei die Wende zu den BRICS-Staaten vollzieht, nehmen die politischen „Kollateralschäden“ des israelischen Einsatzes in Gaza ernsthafte Dimensionen an.

Der Zionismus hat früh begriffen, wie der korrupte britische und der noch korruptere US-amerikanische Imperialismus funktionieren und dass es von großem Nutzen sein kann, die entscheidenden Leute „in der Tasche“ zu haben. Das war schon bei der Balfour-Deklaration so, mit der die britische Regierung der zionistischen Bewegung zusicherte, in Palästina siedeln zu können, nachdem das Land vom britischen Imperialismus in Besitz genommen worden sei. Das ist heute im US-Kongress höchstens schlimmer. Heute geht nichts gegen die reiche Pro-Israel-Lobby: Ohne die reichen Geldgeber ist man im milliardenteuren US-Wahlkampf chancenlos. Das hat neben den Zionisten auch der militärisch-industrielle Komplex verstanden – ebenso wie Big Pharma, Big Oil und Big Money.

von ASKL

Kulturfarce in Chemnitz

Ich finde ja nach wie vor, dass der Titel "Kulturhauptstadt 2025" für Chemnitz eine einzige Farce ist (und ich habe meine eigenen Gründe dafür), aber ich schaue mir den Spaß trotzdem an und es gibt jetzt einen Thread von mir zum Thema, weil heute die Eröffnung stattfindet.

1. Chemnitz hat viele Kulturen. zB eine Jahrzehnte alte HipHop Kultur, bestehend aus DJ'ing/Rap, Breakdance und Graffiti. Heute habe ich sehr wenig von alldem gesehen.
Es ist ohnehin wichtiger, mit importierten Künstlern zu prahlen, als eigene zu präsentieren. Lametta drauf & so.

2. Der Titel lautet "Kulturhauptstadt". Nicht "Politikveranstaltung". Also auch wenn ich den Auftritt von Steinmeier irgendwie vertretbar finde, so hätte er trotzdem nicht sein müssen. Denn das Ergebnis ist: eine Demo und eine Gegendemo und eine Gegendemo für die Gegendemo. Ich habe heute mehr Polizei-Autos als zivile und ÖPNV-Fahrzeuge gesehen. Es wäre mega cool gewesen, wenn es einmal nicht um Politik gegangen wäre. Einmal nicht um Wahlkampf. Einmal nicht um das, was uns trennt. Sondern nur ums Zusammensein und feiern. Geht aber anscheinend nicht.

3. Das Motto ist "C the Unseen". Und ich könnte jetzt verbal ausufern in der Debatte darum, wie viel zu eng und vetternwirtschaftlich dieser Kreis der Kulturhauptstadt-Organisatoren ist, aber das mache ich nicht. Vllt später. Stattdessen nehme ich das Motto wörtlich. Denn vor 30 min saß ich mit einer obdachlosen Roma-Frau in der Straßenbahn, die sich mit mir nur über Schrift & Gebärdensprache verständigen konnte. Ohne Papiere. Ohne Heim. Ohne Perspektive. C the Unseen? Da habt ihr das Ungesehene. Das juckt aber keinen. Weil Chemnitz heute und auch sonst lieber schön sein möchte. Seine Probleme verschweigen möchte. Nach 2018 sein eigenes Bild so sehr übermalen möchte, dass es dabei sich selbst komplett vergisst. Wir waren vorher nicht scheiße. Ihr habt uns bloß vorher überhaupt nicht gesehen. Wir waren schon immer vielfältig. Mit einer bunten Musikszene und den verschiedensten Menschen. Früher noch viel mehr als heute. Und wir kamen irgendwie miteinander klar. F*CK, ich bin in einem Viertel aufgewachsen, in dem sich Russen und Faschos um die Vorherrschaft geprügelt haben. Und dazwischen war ich: ein Punk-Mädel mit kariertem Minirock und Springerstiefeln. Hat trotzdem funktioniert. Egal, zurück zum Thema: Die ganze Veranstaltung heute empfinde ich als seelenlos und gekauft. Ein bisschen musikalisches Lalala gepaart mit Luftballons, Basteln, politischem Speichellecken (danke, Frank-Walter und jetzt verp*ss dich) ... und einer Band, die das Wort "Salzstreuer" gendert. Jo, das haben wir echt gebraucht. Jetzt wird alles besser.
von NIKITA

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